Lisa, 44: Ich habe das Gefühl, dass meine Ehe an einem kritischen Punkt angelangt ist. Alles, was meine Mann und mich früher verband, scheint sich im Laufe der vergangenen acht Jahre aufgelöst zu haben. Ich will ihn aber nicht verlassen, sondern eine Paartherapie vorschlagen. Wie mache ich das am besten, ohne ihn vor den Kopf zu stoßen?
Liebe Lisa,
ich möchte Ihnen zunächst mitteilen, wie beeindruckt davon ich bin, wie Sie es schaffen, trotz dass Sie im Moment kaum noch Verbindendes in Ihrer Beziehung sehen, den Glauben an diese noch nicht verloren und stattdessen beschlossen haben, an ihr zu arbeiten.
Ich entnehme Ihrer Frage, Sie sorgen sich darüber, dass Ihr Wunsch eine Paartherapie zu beginnen, Ihren Mann sehr verunsichern und damit einhergehend auf Ablehnung stoßen könnte. Wahrscheinlich würde er sich damit in guter Gesellschaft befinden, auch wenn ich den Eindruck habe, in den letzten Jahren hat die Bereitschaft und Offenheit bezüglich Paartherapie/-beratung deutlich zugenommen.
Nun, werfe ich eine Hypothese in den Raum und gehe davon aus, Sie denken Ihr Mann weiß nicht, wie Sie es Ihnen aktuell in Ihrer Beziehung geht. Daher vielleicht die Sorge er könnte sich vor dem Kopf gestoßen fühlen. Hilfreich ist es häufig, wenn Sie heikle Themen aus Ihrer Perspektive beschreiben. Es wäre zum Beispiel möglich, Ihn zunächst darum zu bitten, sich etwas Zeit für ein Gespräch miteinander zu nehmen, in dem Sie beide ungestört und nicht abgelenkt sind. Erzählen Sie ihm was Sie in den letzten Wochen und Monaten beobachtet haben. Vielleicht haben Sie immer weniger gemeinsam unternommen, kaum Gespräche geführt, wenig Intimität gelebt, es gab viele Konflikte usw. Beschreiben Sie dann, was diese Umstände/ Situationen in Ihnen auslösen und ausgelöst haben. Es könnte sein, Sie macht das traurig oder ärgerlich, auch Hilflosigkeit kommt häufig vor und mit hoher Wahrscheinlichkeit machen Sie sich große Sorgen um Ihre Beziehung. Sagen Sie Ihm, wie wichtig diese für Sie ist und Sie noch nicht bereit sind, das was Sie haben aufzugeben, weshalb Sie überlegen, eine*n Spezialist*in zu Rate zu ziehen. Fragen Sie ihn, was er darüber denkt, und wie es ihm eigentlich in Ihrer Ehe geht.
Die meisten Paartherapeut*innen bieten verschiedene Möglichkeiten an, sich zunächst unverbindlich kennenzulernen. Dadurch haben Sie die Gelegenheit, ein erstes Gefühl für den Menschen zu entwickeln und zu überlegen, ob Sie sich ein Gespräch mit dieser Person über teilweise sehr intime Themen überhaupt vorstellen können. Wenn das der Fall ist, biete ich z.B. meinen Klient*innen an, uns für eine erste Sitzung zu verabreden. Hinterher haben sie so viel Zeit, wie sie brauchen, um zu nachzuspüren, ob sie sich mit mir und/ oder überhaupt einen Therapieprozess vorstellen können. Vielleich hilft Ihrem Mann die Beschreibung des Ablaufes, sich auf einen Versuch einzulassen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.